Ein Resümee zur Europawahl
Die Europawahlen sind seit zwei Wochen gelaufen und es ist Zeit eine kleine Einschätzung der Ergebnisse abzugeben. Positiv kann man auf jeden Fall den Anstieg der Wahlbeteiligung bewerten, die in Deutschland um fast 10 Prozentpunkte gestiegen ist. Das zeigt nicht nur die gestiegene Bedeutung internationaler Lösungen, die sich die Menschen wünschen, sondern auch eine fortschreitende Politisierung. Besonders bei jungen Wählern war die Europawahl und ihr Impact auf die Klimakrise ein wichtiges Thema, und das nicht nur wegen aktiven Youtubern. Durch ihren fast arroganten, großspurigen Umgang mit berechtigter Kritik haben die etablierten Parteien noch mehr Boden verloren, als sie es wahrscheinlich durch das Rezo-Video alleine getan hätten. Eine Quittung für den autoritären, unreflektierten Regierungsstil, den die großen Partien pflegen. Im Gegenzug haben sehr viele kleine Parteien die Europawahl nutzen können um auf sich Aufmerksam zu machen. Das zeigt auch die Sonntagsfrage von gestern: Sonstige Parteien erreichen über neun Prozent. Ebenfalls interessant: Die Grünen wären, wenn gestern Bundestagswahl gewesen wäre, stärkste Kraft. Sie vereinen die Durchschlagskraft einer etablierten Partei mit ökologischen und freiheitlichen Werten. Zusammen mit den Linken vereinten sie bei der Europawahl doppelt so viele Stimmen wie die AFD (und bei der fiktiven Bundestagswahl von gestern sogar noch mehr). Solange das so bleibt, können die Parteien der Mitte gerne weiterhin an Stimmen verlieren. Natürlich ist es ein Problem, dass rechte und rechtsextreme Parteien und ‘Politiker’ im Europaparlament und im Bundestag sitzen. Ich sehe es so: Diese Menschen gab es auch vor der AFD. Sie waren Mitglieder der CDU/CSU, der NPD, der Republikaner oder Nichtwähler. Durch ihren Zusammenschluss sind sie zwar mächtiger, aber auch besser kontrollierbar geworden. Sie verstecken sich nicht mehr hinter christlichen Werten und haben offensichtlich zu einer wieder zunehmenden Politisierung der Bevölkerung geführt. Sie sind ein Indikator dafür, was in diesem Land nicht funktioniert und sind deshalb auf eine gewisse Art nützlich für eine politische Auseinandersetzung. Gewöhnen sollten wir uns daran aber auf keinen Fall.
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